Frankreich verlängert den Ausnahmezustand - um den Terror zu bekämpfen. In Deutschland ginge das so nicht. Die Deutschen Notstandsgesetze treten nur in bestimmten Krisensituationen in Kraft. Manche meinen aber, sie brauchen ein Update.

Nach dem Attentat von Nizza hat das französische Parlament den Ausnahmezustand bis Anfang 2017 verlängert. Demnach können der Innenminister und die ihm unterstellten Behörden nun beispielsweise Wohnungen ohne richterlichen Beschluss durchsuchen, Telefone abhören, Versammlungen verbieten oder Ausgangssperren für Verdächtige verhängen. "Das sind Maßnahmen, die schon sehr stark in die Grundrechte der Bürger eingreifen", sagt Hauptstadt-Korrespondent Stefan Maas. In Deutschland wäre das so nicht möglich.

"Das Grundgesetz sieht keinen Ausnahmezustand wie in Frankreich vor. Es würden nicht mit einem Gesetz gleich alle Grundrechte abgeschafft. Das ist bei uns abgestuft."
Stefan Maas, Berlin-Korrespondent

Die Notstandsgesetze waren noch nie in Kraft

In Deutschland gibt es seit 1968 die sogenannten Notstandsgesetze. In Krisensituationen treten sie in Kraft. Wer entscheidet, ob eine solche Krisensituation vorliegt, das ist von Fall zu Fall unterschiedlich. Den Verteidigungsfall etwa entscheiden der Bundestag mit Zustimmung des Bundesrats. Den inneren Notstand können die politischen Gremien eines Bundeslands feststellen.

"Im Notfall könnte dann zum Beispiel auch die Bundeswehr im Inland eingesetzt werden, was ja eigentlich nicht sein darf."
Stefan Maas, Berlin-Korrespondent

Gegen den Beschluss der Notstandsgesetze gab es in Deutschland in den 60-er Jahren sehr großen Widerstand. Man hatte Angst, "dass der demokratische Rechtsstaat ausgehöhlt werden könnte", sagt Stefan Maas. Und diese Befürchtungen waren ja begründet - denn die Nationalsozialisten hatten die Notstands-Gesetzgebung der Weimarer Republik genutzt, um an die Macht zu kommen.

Nicht mehr zeitgemäß

Heute stehen anderen Fragen im Raum - denn viele meinen, die Notstandsgesetze von 1968 brauchen ein Update. "Der Terroranschlag ist weder als Verteidigungsfall noch als innerer Notstand definiert." Wie würde man also in einem solchen Fall reagieren? Dürfte etwa die Bundeswehr im inneren eingesetzt werden? "Auch an so etwas wie Cyber-Angriffe hat natürlich 1968 niemand gedacht."

Shownotes
Ausnahmezustand
Wenn der Notstand regiert
vom 21. Juli 2016
Moderatorin: 
Sonja Meschkat
Gesprächspartner: 
Stefan Maas, Hauptstadt-Korrespondent