Die Kölner Silvesternacht, die Debatte um Gina-Lisa Lohfink, Kachelmann oder Assange. Es gibt genug Anlässe, die zeigen: Wir sind als Gesellschaft mit Vergewaltigungs-Themen immer wieder überfordert. Mithu Sanyal hat nun ein Buch geschrieben, das uns den Weg weisen kann.

Es ist nur ein Wort, geschrieben in roten Buchstaben auf dunklem Grund: "Vergewaltigung". So sieht das Cover von Mithu Sanyals neuem Buch aus. Und genauso wie ihr vergangenes Buch "Vulva" ist Vergewaltigung ein kluges, differenziertes Buch, in dem Mithu einer entscheidenden Frage nachgeht: Wie können wir gesellschaftlich Vergewaltigungen verhindern?

"Es muss menschenfreundlichere Theorien und entsprechend auch menschenfreundlichere Lösungen für das Vergewaltigungsthema geben."

Mithu beschreibt, wie unsere Gesellschaft dieselben Rollenmuster sehr früh anlegt: "Nach wie vor gehört die Warnung vor Vergewaltigung zu den Initiationen indie Geschlechterverhältnisse." Männer sind potenzielle Täter, Frauen potenzielle Opfer. Die Angst vor dem, was möglicherweise passieren kann, drängt uns in diese Rollen und lässt sie uns immer wieder reproduzieren. Dabei ist Angst kein guter Ratgeber.

Lösungen finden häufig auf der Phänomen-Ebene statt: So hat die Stadt Köln nun ein ausführliches Sicherheits-Konzept für die kommende Silvesternacht vorgelegt, damit sich die Ereignisse aus 2015/2016 nicht wiederholen. Das gesellschaftliche Grundproblem wird damit kaum gelöst.

"Vergewaltigung ist ein schreckliches Verbrechen, aber die Täter sind immer noch Menschen. Zum Glück, denn nur Menschen können aus ihren Taten lernen."
Mithu Sanyal

Damit kein Missverständnis entsteht: Mithu beschreibt in aller Klarheit, was für scheußliche Verbrechen Vergewaltigungen sind. Mit derselben analytischen Klarheit schaut sie auf die gesellschaftlichen Muster dahinter, die immer wieder zu diesen Taten führen. Dabei debattiert sie das Rollen-Verständnis von Frauen und Männer, untersucht Begriffe wie Scham und zeigt auf, ob die Änderung des Sexualstrafrechts in Deutschland tatsächlich hilft. Dabei wird sehr schnell klar, dass es schon bei einer sehr grundlegenden Frage keine Einigkeit gibt: Was genau ist eine Vergewaltigung?

"Alle lehnen Vergewaltigung ab, allerdings lehnen wir nicht unbedingt dasselbe ab."
Mithu Sanyal

In "Eine Stunde Talk" erzählt Mithu, warum sie gerade dieses Buch geschrieben hat, wie Menschen darauf reagieren und warum wir mehr Empathie brauchen - auch mit uns selbst.

Wir freuen uns über eure Mails an mail@deutschlandfunknova.de

Shownotes
Feministin Mithu Sanyal
"Wir brauchen mehr Empathie!"
vom 14. Dezember 2016
Moderator: 
Sven Preger
Gast: 
Mithu Sanyal, promovierte Kulturwissenschaftlerin, Journalistin und Autorin