Bauer Ociti Augustino Languna ist stolzer Vater von 24 Kindern. Doch 15 seiner Nachkommen leiden an dem rätselhaften Kopfnick-Syndrom, das nach zunehmender mentaler und physischer Schädigung letztlich tödlich endet.

Mit 13 seiner Kinder sitzt Ociti Augustino Languna vor seiner Hütte am Rande von Kitgum in Norduganda. Warum mehr als die Hälfte seiner Nachkommen an dem mysteriösen Kopfnick-Syndrom leiden, weiß er nicht. Die Krankheit ist weitestgehend unerforscht. Erstmals wurde sie in den 60er Jahren beschrieben, erst später wurden die beschriebenen Krankheitsbilder als Ausdruck ein und derselben Erkrankung erkannt.

Tödlicher Verlauf

Als erstes augenfälliges charakteristische Symptom tritt das Kopfnicken auf. Dabei handelt es sich um Anfälle, die einer Epilepsie ähneln. Seltsamerweise tritt das Nicken auf, sobald dem Kind traditionelles Essen angeboten wird. Innerhalb kurzer Zeit fällt der Kopf des Kindes mehrfach nach vorne, weil die Nackenmuskeln erschlaffen. Sobald sie wieder angespannt sind, richtet sich der Kopf wieder auf. Diese Anfälle wiederholen sich mehrfach am Tag. Weitere Symptome sind Appetitlosigkeit, Wachstums- und Entwicklungsstillstand, mentale und physische Beeinträchtigungen. Bei MRT-Untersuchungen hat der Neurotoxikologe Peter Spencer einen starken Schwund des Gehirns und Schädigung des Hippocampus festgestellt. Letztlich führen die zahlreichen Funktionsstörungen zum Tod des Kindes.

NUR IN ZUSAMMENHANG MIT KOLLEGENGESPRÄCH: Martin Ocan mit seinen fünf Kindern, die alle an dem Kopfnick-Syndrom erkrankt sind. Aufgenommen: Februar 2014, Odek/Kitgum, Uganda.
© Franziska Badenschier
Martin Ocan mit seinen fünf Kindern, die alle an dem Kopfnick-Syndrom erkrankt sind.

Unsere Reporterin Franziska Badenschier hat sich in Uganda auf die Suche nach den Ursachen der Krankheit gemacht. In Norduganda an der Grenze zum Südsudan hat sie mit Martin Ocan gesprochen, Vater von 21 Kindern. Fünf von ihnen leiden unter dem Kopfnick-Syndrom.

"Ich habe einen Jungen kennengelernt, der sieht aus wie sechs Jahre, relativ klein noch, aber der ist eigentlich schon doppelt so alt. Und deswegen stehen im auch die Zähne vor, weil er mittlerweile ein Erwachsenengebiss hat, aber der Kopf noch so klein wie bei einem Kind ist."
Franziska Badenschier, DRadio-Wissen-Reporterin

Betroffen sind Kinder im Alter von fünf bis 15 Jahren, erklärt Franziska. Auffällig findet sie, dass die meisten der betroffenen Kinder in der ehemaligen Bürgerkriegsgegend im Norden von Uganda und dem angrenzenden Gebiet des Südsudans leben. Das Gesundheitsministerium in Uganda hat 2003 die ersten Fälle registriert, sagt Franziska. Plötzlich schnellte die Zahl auf 3000 Betroffene hoch.

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Aus Sorge um eine Seuche bat die ugandische Regierung die US-Seuchenbehörde CDC um Hilfe. Das CDC nahm Bodenproben und untersuchte Urin und Blut der Betroffenen. Die Untersuchungen ergaben aber keine eindeutige Ursache für die Krankheit. Die Behörde forscht weiter nach einem Zusammenhang zwischen der Krankheit und Chemikalien, die während des Bürgerkriegs eingesetzt wurden. Andere Wissenschaftler vermuten einen Zusammenhang zwischen dem Fadenwurm Onchocerca volvulus, der Verursacher der Flussblindheit ist, und ebenfalls vermehrt in der Gegend vorkommt.

"Ich glaube, dass es irgendetwas Unbekanntes ist und vielleicht auch etwas, was nicht rauskommen soll. Da müssen wir noch weiter recherchieren."
Franziska Badenschier, DRadio-Wissen-Reporterin

Nach Schätzungen des ugandischen Gesundheitsministeriums sind mehr als 3500 Kinder erkrankt, die WHO geht sogar von mehr als 7000 Krankheitsfällen allein in Norduganda aus. Mysteriös findet Franziska, dass die CDC weder zu Interviews oder Stellungnahmen bereit ist. Die Behörde wollte Gehirne von verstorbenen Kindern untersuchen, die an der Nick-Krankheit gelitten hatten, doch diese wären spurlos verschwunden gewesen, erzählt Franziska. Inzwischen seien Gehirne in den USA angekommen und würden von der CDC untersucht.

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Mehr über das Kopfnick-Syndrom:

Shownotes
Kopfnick-Syndrom
Rätselhafte Krankheit
vom 28. Mai 2015
Moderator: 
Till Opitz
Gesprächspartnerin: 
Franziska Badenschier, DRadio-Wissen-Reporterin