Politische Konflikte müssen nicht zwangsläufig in Gewalt enden. In einigen Fällen gelingt es, eine Eskalation zu verhindern und die Lösung friedlich herbeizuführen. Ein Universal-Rezept gibt es allerdings nicht.

Gewaltfreien zivilen Ungehorsam, so hat Mahatma Gandhi seine Form des Protests genannt. Den Indern gilt er als Vater der Nation. Kaum jemand hat so viele Menschen mobilisiert, sich friedlich für ihre Rechte einzusetzen, wie der in Indien geborene Jurist. Aber auch in der neueren Weltgeschichte gibt es Beispiele für die friedliche Lösung innerpolitischer Konflikte, sagt Politikwissenschaftler Johannes Vüllers.

Peoples Power Revolution auf den Philippinen

11 Jahre lang war Diktator Ferdinand Marcos auf den Philippinen an der Macht. Wer sich öffentlich gegen ihn stellt, wurde schlicht aus dem Verkehr gezogen und landete im Gefängnis, wurde entführt oder schwer verstümmelt und getötet. Nachdem Marcos 1983 den Oppositionsführer Benigno Aquino ermordete, wuchs der Widerstand gegen den Diktator im Land. Drei Jahre später gingen fast zwei Millionen Filipinos auf die Straße, um friedlich für das Ende der Diktatur zu demonstrieren. Besondere Unterstützung erhielten sie dabei von einem Kardinal der katholischen Kirche: Jaime Lachica Sin.

"Identifikationsfiguren sind sehr wichtig, um zu mobilisieren und die Leute auch beständig zu mobilisieren, weil eine gewaltfreie Kampagne ja sehr lange dauert."
Johannes Vüllers, Friedensforscher

Familienbande

Knackpunkt der Peoples Power Revolution war zum einen die Größe der Bewegung, sagt Friedensforscher Johannes Vüllers, zum anderen aber vor allem die Tatsache, dass es keine Übergriffe auf Soldaten gab. Denn meist standen sich auf den Seiten der Soldaten und der Oppositionellen schlicht Familienmitglieder gegenüber. Am Ende war die Solidarität mit der eigenen Familie größer als zum politischen System.

Bürgerkrieg in Nepal (1996 - 2006)

Ein anderes Beispiel für die friedliche Lösung eines innerpolitischen Konflikts ist das Ende des Bürgerkriegs in Nepal 2006. Nepal wurde zu diesem Zeitpunkt von einem autoritären hinduistischen König beherrscht. Um diesen zu stürzen, haben sich die politischen Oppositionsparteien mit den Rebellen zusammengeschlossen. Nach dem Sturz des Königs wurden die Rebellen in das neue demokratische System integriert. Sie erhielten Ämter und Ministerposten im neuen Staat.

Das Herauskaufen von Rebellen über politische Ämter wird vor allem in afrikanischen Staaten praktiziert. Die Rebellenführer dort sind, so sagt Johannes Vüllers, relativ leicht zufriedenzustellen. Ein Kniff, der aber nur ein Schritt auf dem Weg zur Lösung eines Konflikts sein kann:

"Man kann eine magische Formel herauslesen, um Gewalt zu beenden. Das ist aber nicht gleichzusetzen mit Frieden schaffen."
Johannes Vüllers, Friedensforscher

Frieden braucht Vorbilder

Was vielen Bewegungen gemein ist: Oft steht eine einzelne Person an der Spitze, der es gelingt, viele Menschen für ein bestimmtes Ziel zu begeistern und zu einen. Mahatma Gandhi etwa, der Dalai Lama oder Desmond Tutu. Ein charismatischer Führer alleine ist allerdings noch kein Erfolgsgarant. Wichtig ist vor allem, dass die Proteste friedlich bleiben.

"Je charismatischer eine Person ist, desto mehr Leute kann diese Person erreichen und desto größer ist die Mobilisierung für Gewaltfreiheit und Frieden - aber leider genauso für Gewalt."
Johannes Vüllers, Friedensforscher
  • Moderation: Kaline Thyroff
  • Gesprächsgast: Johannes Vüllers, Politikwissenschaftler