Obwohl die Medien jeden Tag massenweise Nachrichten veröffentlichen, gibt es Themen, die fast überall hinten runter fallen.

Und das, obwohl sie es eigentlich verdient hätten, beachtet zu werden. Jedes Jahr stellt die Initiative Nachrichtenaufklärung INA ihre Top Ten der vernachlässigten Themen vor. In diesem Jahr sind das zum Beispiel die vielen Auslandseinsätze der Bundeswehr, von denen die meisten Deutschen nichts wissen. Insgesamt, so die INA, sind deutsche Soldaten zur Zeit in 14 Ländern im Einsatz. Über die wenigsten Missionen werde regelmäßig berichtet. Ebenfalls schlecht informiert sind die Deutschen laut INA unter anderem darüber, wie ihre Bundesrichter gewählt werden, die medikamentöse Ruhigstellung alter Menschen in Pflegeheimen oder über Gewalt in der Pferdeausbildung.

Hier die Top Ten der vergessenen Nachrichten: (umformulierte Auszüge)

  1. Ist die Bundesrichterwahl illegal? Die Wahl ist laut INA nicht transparent und wenig nachvollziehbar. Stellenausschreibungen würden nicht öffentlich gemacht. Der Richterwahlausschuss wird vom Deutschen Bundestag bestimmt und setzt sich ausschließlich aus Parteimitgliedern zusammen. Entsprechend sei die Gefahr einer parteilichen Auswahl groß. Nicht alle Wahlausschussmitglieder haben zwingend eine juristische Ausbildung, entscheiden aber über die „sachliche“ Eignung eines Kandidaten. Die Besetzungen der hohen Richterämter seien immer wieder Thema in den Medien, die Umstände der Wahl seien aber medial vernachlässigt.
  2. Die meisten Auslandseinsätze der Bundeswehr sind unbekannt. Aktuell ist die Bundeswehr an 16 Auslandseinsätzen in 14 Ländern beteiligt. Nicht über alle diese Einsätze werde berichtet. Dabei seien es deutsche Soldaten, die in der Regel im Auftrag des deutschen Bundestags Leib und Leben im Ausland riskierten.
  3. Costa Rica und andere Länder ohne Militär - funktioniert das? Einige Staaten - wie Costa Rica - haben kein eigenes Militär. Das sei nahezu unbekannt. Wie erfolgreich und zukunftsfähig ist das? Darüber werde kaum berichtet.
  4. Kann Hunger durch weniger Nahrungsmittelverschwendung verringert werden? Zusammenhang zwischen Hunger und Nahrungsmittelverschwendung sei sowohl wirtschaftlich, als auch politisch, sozial und ökologisch relevant.
  5. Deregulierung von Au-pair-Agenturen in Deutschland durch EU-Recht. Au-pair-Mädchen und -Jungen würden oft als billige Arbeitskräfte ausgenutzt. Bis 2002 gab es in Deutschland eine Lizenzpflicht für Au-pair-Agenturen, seitdem werden sie aber nicht mehr staatlich kontrolliert. Dieser Zustand habe gravierende Folgen für Au-pairs.
  6. Die Rolle des Westens im Jemen–Konflikt. Die Krisen und kriegerischen Konflikte im nahen und mittleren Osten sind Tagesthema - aber über den Jemen werde kaum berichtet. Dort findet seit März 2015 eine durch Saudi-Arabien angeführte militärische Intervention statt: mit Unterstützung weiterer sunnitischer arabischer Staaten und den USA, Großbritannien und Frankreich fliegt Saudi-Arabien Luftangriffe gegen die shiitischen Huthi-Rebellen. Deutschland ist Waffenlieferant für Saudi-Arabien - aber die Rolle der westlichen Länder in dem Konflikt werde vernachlässigt.
  7. Unzuverlässiges Gütesiegel führt zu Gewalt bei der Pferdeausbildung. Das Gütesiegel der Deutschen Reiterlichen Vereinigung zur korrekten Pferdeausbildung und - haltung halte nicht immer, was es verspreche. Pferde würden über Wert verkauft, Pferdekäufer stellten oft fest, dass das Pferd trotzdem eine gewaltsame, mit Schmerzen verbundene Ausbildung durchlaufen hat. Einer der Gründe seien unzureichende Qualitätskontrollen der Gestüte. Dabei seien vier Millionen Reitsportler und über eine Million Pferde betroffen.
  8. Medikamentöse Ruhigstellung in Altenpflegeheimen. Ältere Menschen würden in Pflegeheimen gegen ihren Willen und häufig ohne Wissen der Angehörigen mit Medikamenten wie Benzodiazepine oder Neuroleptika ruhig gestellt. Das Pflegepersonal sei häufig mit der Situation konfrontiert, sich zu zweit um 75 bis 100 Patienten kümmern zu müssen, von denen viele unruhig seien oder aufgrund ihrer Demenzerkrankung orientierungslos umherirrten. Dieser hohe Arbeitsaufwand könne einer der möglichen Gründe sein, die Pflegebedürftigen zu betäuben.
  9. Fehlender Schutz von Kulturgütern bei atomarem GAU. Im Falle eines atomaren Unglücks, des sogenannten GAU, in einem Atomkraftwerk seien schon Mensch und Tier in Deutschland völlig unzureichend geschützt. Umso mehr gelte das für unschätzbares Kulturgut, das nach einem Atomunfall unwiederbringlich zerstört sein könne.
  10. Scheinselbstständigkeit unter freien Mitarbeitern. Gerade Journalisten, die häufig über Missstände in der Arbeitswelt berichteten, seien selbst davon betroffen. Viele Medienschaffende arbeiteten als Scheinselbständige, da Medienhäuser Festanstellungen vermieden und durch die Beschäftigung von freien Mitarbeitern Sozialabgaben sparten. Mithilfe teils absurder Arbeitsregelungen und der Künstlersozialkasse umgingen sie feste Beschäftigungsverhältnisse.

Die INA ist nach eigenen Worten eine medienkritische Nichtregierungsorganisation, die auf Themen aufmerksam machen will, die von deutschen Massenmedien vernachlässigt werden.