Ein Mann in Cleveland erschießt einen Passanten. Er kündigt den Mord auf Facebook an, lädt Fotos der Opfer auf Facebook hoch und ein Video seines Geständnisses. Das Netzwerk löscht das Profil - aber die Inhalte sind längst kopiert.

Welche Rolle spielen Medien und soziale Netzwerke bei der Verbreitung von Gewalt? Darüber wird nach dem aktuellen Fall aus Cleveland wieder heftig diskutiert. Denn obwohl Facebook das Profil des Mörders und die damit verbreiteten Inhalte löschen konnte, wurden sie schon zahlreich kopiert.

Auch TV-Sender hatten zu diesem Zeitpunkt bereits berichtet und die Bilder weiterverbreitet. Auf Nachrichtenseiten im Netz finden sich Ausschnitte und Standbilder der Aufnahmen.

"Damit sind wir mitten in der Problematik - wirklich rückgängig machen, wirklich löschen lässt sich im Netz eigentlich nichts."
Michael Gessat, Netzreporter

Facebook hat verhältnismäßig schnell reagiert. Im Facebook-Blogpost heißt es dazu: 

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23 Minuten nachdem Facebook aufmerksam gemacht wurde, war der Post gelöscht

Obwohl Facebook schnell reagiert hat, will Facebook in Zukunft noch zeitiger reagieren können. Algorithmen auf Basis künstlicher Intelligenz sollen kritische Inhalte automatisch erkennen. 

Das wird jedoch nicht verhindern, dass diese Inhalte hochgeladen oder live ins Netz gestreamt werden. In bestimmten Fällen, wie zum Beispiel bei Demonstrationen oder Dokumentation von Polizeigewalt, ist das sogar sinnvoll. In einem Kommentar auf Techdirtheißt es, Morde und Taten von Gestörten habe es immer gegeben und werde es immer geben. Ob mit oder ohne Facebook.

Fame durch soziale Netzwerke

Das Argument, soziale Netzwerke würden dazu beitragen, dass solche Menschen Aufmerksamkeit bekämen, ist nicht von der Hand zu weisen. Auf der anderen Seite ist die Technik mittlerweile auch Teil unseres Lebens geworden, sagt DRadio-Wissen-Netzreporter Michael Gessat. Das ließe sich nicht mehr rückgängig machen, und damit auch nicht, dass das Netz Dingen, Aktionen und Personen tatsächlich oder vermeintlich Bedeutung verschaffe.

"Bei den Plattformen wird sich das letztlich nur ökonomisch einpendeln - wenn da zuviel Gewalt zu sehen ist, schalten Werbekunden keine Anzeigen mehr."
Michael Gessat, Netzreporter

Aus dem Blickfeld gerät zudem oft, dass diese teils verstörenden Inhalte am Ende von Menschen bewertet und entfernt werden müssen. Das passiert zum einen in großen Content-Farmen in Billiglohnländern, aber auch hier. Ein sehr belastender Job, der zudem immer unter dem Vorwurf der Zensur steht.

Mehr Infos zum Thema:

Shownotes
Gewalt in sozialen Netzwerken
Gelöscht heißt nicht verschwunden
vom 18. April 2017
Moderation: 
Diane Hielscher
Autor: 
Michael Gessat, DRadio Wissen