Justizminister Heiko Maas macht ernst. Er will gegen Hass und Fake im Netz vorgehen - mit fast allen Mitteln. Maas droht mit Millionen-Bußgeldern und setzt harte Löschfristen. Ob das die Lösung ist?

"Gesetzentwurf zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken" heißt der Vorschlag von Bundesjustizminister Heiko Maas. Mit dem Regelwerk sollen Hasskriminalität und strafbare Falschnachrichten in sozialen Netzwerken wirksamer bekämpft werden.

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Maas erhöht damit den Druck auf Facebook, Twitter und Co. Er findet nämlich, dass die sozialen Netzwerke zu wenig getan haben, um die Löschpraxis strafbarer Inhalte zu verbessern. Dafür zitiert der Minister aus einer Untersuchung von Jugendschutz.net. Die macht deutlich, dass Twitter nur 1 Prozent und Facebook knapp 40 Prozent der strafbaren Inhalte schnell genug gelöscht hat. Bei Youtube sah es besser aus: Die Löschquote lag bei 90 Prozent.

Der Gesetzentwurf muss noch mit dem Bundeskabinett abgestimmt werden, bevor der Bundestag entscheidet. Bis dahin könnte es noch heftige Debatten geben - und auch Änderungen. Bislang sieht der Entwurf vor:

  • Inhalte, die eindeutig justiziabel sind, zum Beispiel Volksverhetzung oder Leugnung des Holocaust, müssen von den sozialen Netzwerken innerhalb von 24 Stunden gelöscht werden.
  • Bei strafbaren Inhalten, die weniger eindeutig sind und eine Abwägung nötig ist, gilt eine Löschfrist von sieben Tagen.
  • Diese beiden Regeln für das Löschen sollen auch für Kopien des Originalbeitrags durchgesetzt werden.

Der letzte Punkt ist problematisch: Kopieren zehntausende von Usern einen zu löschenden Beitrag, müssten die Kopien innerhalb der gleichen Frist gelöscht werden. Doch dazu müssten die Netzwerke sogenannte Upload-Filter installieren, die schon das Posten bestimmter Inhalte verhindern. Meinungen jedoch schon im Voraus zu zensieren, das ist problematisch, sagt der Rechtsanwalt Udo Vetter. "So schlimm einzelne, volksverhetzende Kommentare sind, aber das ist ein frontaler Angriff auf die Meinungsfreiheit."

Rechtsanwalt Udo Vetter zum Gesetzentwurf
"Ich halte es für aussichtsreich, dass die Gerichte zu dem Ergebnis kommen, dass hier staatliche Aufgaben - nämlich die Verfolgung von Straftaten - unzulässigerweise auf private Firmen übertragen werden."

Und Maas droht mit sehr hohen Bußgeldern. Seine Forderungen sind:

  • Zuwiderhandlungen will er mit Bußgeldern von bis zu fünf Millionen Euro gegen die verantwortliche Personen und bis zu 50 Millionen gegen das Unternehmen ahnden.
  • Die sozialen Netzwerke sollen alle eine leicht erreichbare Melde- und Kontaktstelle in Deutschland schaffen.
  • Vier Mal im Jahr sollen sie einen Rechenschaftsbericht über die gelöschten Inhalte veröffentlichen.

Von Twitter, Facebook und Co gibt es bislang keine Reaktion. Der Digitalverband Bitkom kritisiert, dass aufgrund viel zu kurzer Fristen und der Höhe der Bußgelder "Löschorgien" drohen könnten. Die Süddeutsche Zeitung hingegen schreibt: "Selbstverständlich wird ein Gesetz des Ministers Maas die Probleme nicht lösen!" Aber Maas mache einen Anfang. Das sei besser als zuzusehen, wie die naiven Jungs aus Kalifornien sich am Gemeinwesen vergingen und es nicht einmal merkten. 

Viele sind sich einig, dass es ein Gesetz braucht, aber ob der Plan von Maas so funktionieren kann, daran gibt es Kritik. Auch, ob der Gesetzentwurf nicht die Meinungsfreiheit im Netz gefährdet.

Shownotes
Gesetzentwurf von Justizminister Maas
Millionen-Bußgelder gegen Hass im Netz
vom 15. März 2017
Moderator: 
Till Haase
Gesprächspartnerin: 
Martina Schulte, DRadio Wissen